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Schlafharmonie

Frauen und Schnarchen: Das verschwiegene Schlafphänomen

Ist Schnarchen ein Problem alter, übergewichtiger Männer mit Bierbauch? Das ist zumindest das gängige Klischee. Die Realität sieht allerdings anders aus. In der nächtlichen Schnarch-Symphonie spielen Frauen eine weit größere Rolle als gemeinhin angenommen. Studien zeigen: Frauen schnarchen häufiger, als viele denken. Während Männer aber selbstironisch über ihr nächtliches „Sägen“ berichten, herrscht bei Frauen betretenes Schweigen. Betrachten wir einmal genauer, warum auch Frauen schnarchen, wie häufig es vorkommt, welche Ursachen dahinterstecken und welche Lösungen besonders effektiv sind.

Schnarchen von Frauen als Tabuthema

„Schnarchen? Ich doch nicht!“ Dieser Satz fällt bei Frauen deutlich häufiger als bei Männern. Während männliches Schnarchen gesellschaftlich akzeptiert und oft mit einem Augenzwinkern quittiert wird, gilt Schnarchen bei Frauen als unsexy und ist fast schon schambehaftet. Es wird daher nur ungern thematisiert.

Diese Tabuisierung ist problematisch. Denn dauerhaftes Schnarchen birgt Risiken und deutet häufig auf ernste gesundheitliche Probleme hin – auch bei Frauen. Deshalb ist es wichtig, offen über das Thema zu sprechen.

Wer schnarcht mehr: Männer oder Frauen?

Schnarchen kommt laut Studien bei zwischen 30 und 60 % der Erwachsenen vor – Männer wie Frauen. Die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) geht davon aus, dass etwa 40 % der Frauen regelmäßig schnarchen, bei Männern sind es etwa 60 %. Der Unterschied ist also gar nicht so groß, wie häufig angenommen.

Bei jungen Frauen unter 30 Jahren ist Schnarchen mit nur etwa 5 % relativ selten. Mit zunehmendem Alter ändert sich dies jedoch dramatisch. In der Altersgruppe 30–50 Jahre steigt der Anteil der Schnarcherinnen bereits auf 15–20 % an. Der große Sprung erfolgt dann mit Beginn der Wechseljahre: Ab etwa 45 Jahren schnarchen circa 45 % aller Frauen regelmäßig.

Damit stehen sie den Männern in puncto nächtlicher Geräuschentwicklung kaum noch nach.

Besonders überraschend: Eine britische Studie des „Royal National Throat, Nose and Ears Hospital“ kam zu dem Ergebnis, dass in der Altersgruppe 25–34 Jahre sogar mehr Frauen (34 %) als Männer (31 %) „schwer“ schnarchen.

Was passiert eigentlich beim Schnarchen?

Um zu verstehen, warum Frauen schnarchen, müssen wir zunächst die grundlegende Mechanik des Schnarchens betrachten. Schnarchgeräusche entstehen durch eine Verengung der oberen Atemwege.

Im Schlaf entspannen sich die Muskeln – auch jene im Mund- und Rachenraum. Dadurch verengen sich die Atemwege. Die Atemluft wird schneller und mit höherem Druck angesaugt. Das erschlaffte Gewebe im Mund- und Rachenraum beginnt im Luftstrom zu vibrieren und erzeugt das charakteristische Schnarchgeräusch.

Besonders häufig ist das Gaumensegel der Ursprung der Vibrationen. Im erschlafften Zustand wird es dann zum Hauptdarsteller des nächtlichen Schnarchkonzerts. Aber auch ein erschlaffter Zungengrund, der nach hinten rutscht, sowie Vibrationen der Seitenwände des Rachens oder des Kehldeckels verursachen Schnarchgeräusche.

Warum Frauen anders schnarchen: die Rolle der Hormone

Die Ursachen des Schnarchens sind bei Frauen und Männern in vielen Punkten identisch. Es gibt aber auch einen zentralen Unterschied: den Hormonhaushalt.

Das weibliche Geschlechtshormon Östrogen hat einen großen Einfluss auf das Schnarchen. Östrogen sorgt für ein straffes Gewebe – auch im Rachen. Je höher der Östrogenspiegel, desto höher ist auch die Serotoninkonzentration. Der Botenstoff Serotonin steuert die Muskeltätigkeit und verhindert ein Erschlaffen des Gewebes. Dies erklärt auch, warum junge Frauen seltener schnarchen als Männer gleichen Alters.

Eine Studie, die in PLOS ONE veröffentlicht wurde, bestätigt diesen Zusammenhang:

Eine Verdoppelung der Östronkonzentration im Serum war mit einer um 19 % verringerten Wahrscheinlichkeit des Schnarchens verbunden. Eine Verdoppelung des Progesteronspiegels senkte die Schnarchwahrscheinlichkeit um 9 %.

Diese Erkenntnisse deuten darauf hin, dass der Hormonspiegel tatsächlich einen erheblichen Einfluss auf das Schnarchverhalten von Frauen hat.

Mit Beginn der Wechseljahre ändert sich jedoch alles: Die Östrogenproduktion lässt nach, das Weichteilgewebe im Rachenraum erschlafft, die Wahrscheinlichkeit zu schnarchen steigt.

  • Verminderte Muskelspannung im Rachen erhöht das Risiko für Schnarchen.
  • Es kommt zu einer Umverteilung von Körperfett, auch im Hals- und Nackenbereich.
  • Die Rate schlafbezogener Atmungsstörungen steigt bei Frauen nach den Wechseljahren rapide an.
  • Schlafapnoe bei Frauen tritt nach der Menopause signifikant häufiger auf.

Weitere Auslöser und Ursachen für Schnarchen bei Frauen

Neben den hormonellen Faktoren gibt es weitere Ursachen für Schnarchen. Die meisten betreffen sowohl Männer als auch Frauen:

Übergewicht

Ein Klassiker bei beiden Geschlechtern: Fettgewebe um Hals und Zunge kann die Atemwege verengen und den Luftstrom behindern. Tatsächlich ist die Schnarchneigung bei Frauen mit Übergewicht sogar höher, weil ihre Atemwege oft anatomisch schmaler sind als bei Männern.

Alkoholkonsum

Ein Glas Wein am Abend mag beim Einschlafen helfen, kann aber das Schnarchen fördern. Alkohol führt zu einer verstärkten Muskelerschlaffung – auch im Rachenbereich.

Alterungsprozess

Mit steigendem Alter lässt die Muskelspannung insgesamt nach, und das Gewebe erschlafft. Dies betrifft auch den Mund- und Rachenraum und kann so das Schnarchen begünstigen.

Anatomische Besonderheiten

Anatomische Faktoren können bei Frauen ebenso wie bei Männern das Schnarchen begünstigen, z. B.:

  • Vergrößerte Mandeln oder Polypen
  • Enger Rachenraum
  • Rückverlagerter Unterkiefer
  • Schiefe Nasenscheidewand

Sie bleiben aber gerade bei Frauen häufiger unerkannt oder werden medizinisch nicht ernst genommen.

Medikamente

Schlaf- und Beruhigungsmittel können die Muskelspannung reduzieren und so das Schnarchen fördern.

Rauchen und Allergien

Rauchen kann zu Reizungen und Schwellungen der Atemwege führen. Auch Allergien oder Erkältungen mit verstopfter Nase können Schnarchen verursachen.

Schilddrüsenunterfunktion

Eine Unterfunktion der Schilddrüse kann ebenfalls zum Schnarchen beitragen.

Stress und Schlafmangel

Die Doppelbelastung durch Familie und Beruf, ein unregelmäßiger Schlafrhythmus und hormonelle Schwankungen begründen gerade bei Frauen häufig Stress, der den Schlaf negativ beeinflusst und das Schnarchen verstärken kann.

Schnarchen bei Frauen: oft unterschätzt, aber gefährlich

Schnarchen ist mehr als nur eine akustische Störung. In vielen Fällen handelt es sich um ein Frühwarnzeichen für eine sogenannte obstruktive Schlafapnoe (OSA).

Studien zeigen, dass OSA bei Frauen seltener diagnostiziert wird – obwohl sie ebenso gefährdet sind.

Durchschnittlich leiden etwa 13 % der Frauen in Deutschland an obstruktiver Schlafapnoe. Nach der Menopause steigt der Anteil erheblich an. Frauen mit Übergewicht sind besonders gefährdet. In manchen Studien wurden bei übergewichtigen Frauen nach der Menopause Schlafapnoe-Raten von bis zu 47 % festgestellt.

Typische Symptome (die oft übersehen werden):

  • Chronische Tagesmüdigkeit
  • Konzentrationsprobleme
  • Morgendliche Kopfschmerzen
  • Stimmungsschwankungen oder depressive Verstimmungen
  • Libidoverlust

Anders als bei Männern äußert sich Schlafapnoe bei Frauen meist subtiler. Während Männer durch lautes Schnarchen mit hörbaren Atemaussetzern auffallen, klagen Frauen eher über Schlaflosigkeit, Erschöpfung und innere Unruhe.

Das erschwert die Diagnose und sorgt dafür, dass viele betroffene Frauen jahrelang keine adäquate Hilfe erhalten.

Was hilft gegen Schnarchen bei Frauen?

Die gute Nachricht: Gegen Schnarchen lässt sich etwas tun – auch bei Frauen. Hier die wichtigsten Maßnahmen.

1. Gewichtsreduktion

Bereits eine moderate Gewichtsabnahme kann den Rachenraum entlasten und das Schnarchen verringern. Ein gesunder Lebensstil mit ausgewogener Ernährung und Bewegung wirkt oft Wunder.

2. Schlafhygiene verbessern

  • Regelmäßige Schlafzeiten
  • Kein schweres Essen oder Alkohol vor dem Zubettgehen
  • Schlafzimmer kühl und dunkel halten
  • Auf der Seite schlafen (verhindert das Zurückfallen der Zunge)

Tipp: Es gibt spezielle Kissen oder Westen, die das Schlafen in Rückenlage verhindern.

3. Zahnschienen & Protrusionsschienen

Insbesondere bei leichter bis mittelschwerer Schlafapnoe kann eine individuell angepasste Schnarchschiene (sogenannte Protrusionsschiene) sehr effektiv sein.

Die Schienen halten den Unterkiefer während des Schlafs leicht nach vorne geschoben, wodurch die Atemwege offenbleiben.

Ein Zahnarzt oder ein Schlafmediziner hilft hier weiter. Die Schnarchschienen werden speziell für den in der Regel kleineren weiblichen Kiefer maßgefertigt.

Zur Zahnarztsuche

4. Weitere Hilfsmittel

Für Frauen mit einer Verengung im Nasenbereich können speziell angepasste Nasenspreizer hilfreich sein. Schnarchwesten verhindern, dass man auf dem Rücken schläft.

5. Spezielle Atem- und Zungenübungen

Gezielte myofunktionelle Übungen können die Muskulatur im Rachenbereich stärken. In der Regel werden so Muskelfehlfunktionen im Zungen-, Kiefer- und Gesichtsbereich behandelt. Die Übungen wirken aber auch positiv auf eine Schnachproblematik ein.

Beispiele:

  • Die Zunge kräftig gegen den Gaumen drücken
  • Den Laut „A“ übertrieben artikulieren
  • Schnute ziehen, wie ein Fisch – 10 Sekunden halten

Klingt lustig, hilft aber.

5. Hormontherapie

Bei Frauen in der Menopause kann unter Umständen eine Anpassung der Sexualhormone das Schnarchen reduzieren. Dies sollte jedoch immer mit dem Gynäkologen besprochen werden und kommt nur in Einzelfällen zum Einsatz.

6. Medizinische Behandlungen

Je nach Ausprägung von Schnarchen und Schlafapnoe können auch chirurgische Eingriffe oder eine CPAP-Therapie notwendig sein.

► Weiterführende Informationen: Was hilft gegen Schnarchen?

Wann sollten Frauen mit Schnarchproblemen zum Arzt?

Ein nur gelegentliches Schnarchen ist in der Regel harmlos. Nimmt das Schnarchen jedoch zu, sollten Sie ärztlichen Rat einholen:

  • Wenn das Schnarchen regelmäßig und sehr laut auftritt
  • Bei beobachteten Atemaussetzern während des Schlafs
  • Bei starker Tagesmüdigkeit trotz ausreichender Schlafdauer
  • Bei morgendlichen Kopfschmerzen oder trockenem Mund beim Aufwachen
  • Bei unerklärlichen Stimmungsschwankungen oder depressiven Verstimmungen
  • Bei nächtlichem Schwitzen und häufigem Wasserlassen

Auch Frauen schnarchen

Die Vorstellung, dass nur Männer schnarchen, gehört definitiv ins Reich der Mythen. Frauen schnarchen ebenfalls. In jungen Jahren ist dies seltener, dafür umso häufiger nach der Menopause. Der wesentliche Unterschied liegt in den hormonellen Einflüssen, die das Schnarchverhalten von Frauen stark beeinflussen.

Wichtig ist, dass Sie als betroffene Frauen Ihr Schnarchen nicht als peinliches Geheimnis betrachten, sondern als medizinisches Symptom, das behandelt werden kann. Mit den richtigen Maßnahmen können Sie das Schnarchen stoppen oder reduzieren.

Letztlich geht es nicht um Stereotype oder gesellschaftliche Erwartungen, sondern um guten, erholsamen Schlaf. Schnarchen ist kein Stigma. Schnarchen kann aber Ihre Lebensqualität beeinflussen und erhebliche gesundheitliche Risiken auslösen!

 

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Quellen: Biermann Medizin (Biermann Verlag GmbH), Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) e. V., Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG), Zentrum für Schlafmedizin & Schlafforschung im MediaPark Köln, Lungeninformationsdienst Helmholtz Zentrum München eta.

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